Mimikry – Out in the Open December 2022

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16.01.2023 von Klara Juhl (Code for Osnabrück), Jörg Reichert (Code for Leipzig), et al.

Der Journalist Michael Kreil hat eine Strafanzeige am Hals - weil er amtliche Geodaten veröffentlicht hat. Er bot die Koordinaten von Gebäuden in einer Datenbank an, woraufhin das bayerische Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung (LDBV) eine Strafanzeige stellte. Die veröffentlichten Geodaten wurden z. B. für eine Analyse von Windkraftflächen genutzt, durchgeführt von der Taz. Kreil wehrt sich gegen die Anzeige und klagt gemeinsam mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte gegen den Freistaat Bayern. Das Gericht könnte mit dieser Klage eine Grundsatzentscheidung treffen: Eine Entscheidung für die Informations- und die Pressefreiheit.

Überhaupt ist das Teilen von Daten noch immer ein brisantes Thema. Betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Interessen stehen sich häufig gegenüber und das bedeutet “üblicherweise, dass nichts passiert”. Dabei könnten geteilte Daten nicht nur eine stärkere Gemeinwohlorientierung bedeuten, sondern auch den Wettbewerb ankurbeln. Aline Blankertz fasst es in ihrer Kolumne auf netzpolitik.org so zusammen: “Vorsicht ist geboten, damit nicht plötzlich doch einige wenige dafür sorgen, dass Datenpolitik primär ihnen und nicht möglichst vielen nutzt.”

Es ist nicht alles Gold, was glänzt: Hört sich der Begriff GovTech-Campus doch so schön fortschrittlich an und wird er in der Lage der Nation hoch gelobt - echte zivilgesellschaftliche Partizipation und staatliche (Digital-)Kompetenz sehen anders aus. Stefan Kaufmann kritisiert in seinem Blog die New-Public-Management-Ideologie des GovTech-Campus und zeigt den langen Schatten dieses Konzepts auf.

Das europäische Datenportal data.europa.eu hat einen neuen Anstrich verpasst bekommen: Das neue Design folgt den Corporate Design-Richtlinien der Europäischen Kommission und eine Schnellsuche soll das Filtern von Datensätzen erleichtern.

Auf dem Open Data-Portal des Landes NRW ist ebenfalls etwas passiert. Die neuen Features sollen es allen voran den Bereitstellenden erleichtern, offene Daten zu veröffentlichen: So gestaltet sich z. B. das Hochladen von Datensätzen einfacher und es können Quartalreports über Seitenaufrufe und Anzahl der Downloads abgerufen werden.

Weniger passiert in der Bundesregierung: Zumindest die Eckpunkte eines Transparenzgesetzes hätten bis Ende des Jahres 2022 vorliegen sollen. So hatte es Innenstaatssekretär Markus Richter im Herbst angekündigt. Dieses Vorhaben wurde auf das neue Jahr verschoben - personal- und krankheitsbedingt. Nun steht die Befürchtung, die Bundesregierung könnte sich mehr Zeit als erhofft für die Umsetzung des Transparenzgesetzes lassen. Das Versprechen auf ein Eckpunktepapier noch im letzten Jahr war die Reaktion auf einen Gesetzesentwurf: Dieser wurde von einem Bündnis aus Transparency International, Mehr Demokratie und FragDenStaat verfasst.

Nebenbei gab es einen Grund zum Freuen: Am 5. Dezember war der Tag des Ehrenamtes! Auch das digitale Ehrenamt darf gefeiert werden. Die Open Knowledge Foundation schreibt dazu: “In unserer Arbeit steckt so viel Digitales Ehrenamt. Hunderte Freiwillige bereichern mit ihrer Arbeit die Gesellschaft.”

Auch auf dem Vernetzungstreffen zu Parkplatzdaten am 22. November stellten sich viele ehrenamtlichen Initiativen vor, wie nun in einem Nachbericht zu lesen ist. Sie präsentierten ihre verschiedenen Ansätze, Parkplätze bzw. parkende Autos zu erfassen und zu visualisieren. So bekamen die Teilnehmer eine gute Übersicht über die bestehende Datenlage zu Parkplätzen. Mit der ebenfalls anwesenden Berliner Verwaltung konnte man sich anschließend über mögliche Anwendungsfälle austauschen.

Mit dem Werkzeug gtfs2emis lassen sich mit Hilfe von GTFS-Daten CO2-, NOX- und Feinstaub-Emissionen des ÖPNV-Verkehr abschätzen und es so ermöglicht, zu simulieren, wie man z.B. mit Elektrifizierung von Fahrzeugflotten, diese Emissionen zu senken, wie ein Blogeintrag ausführt. Ein vergleichbares Tool gibt es auch für KFZ-Emissionen.

In einem Datenprojekt hat die taz alle Städte, Landkreise und Bundesländer in den Bereichen Energie, Mobilität, Landwirtschaft, Abfall und Gebäude verglichen, mit zum Teil ernüchternden Ergebnissen. Die dafür verwendeten Daten und Methodiken sind jeweils angegeben und verlinkt.

Auch energy-charts.info, welche interaktive Grafiken zu Stromproduktion und Börsenstrompreisen anbietet, stellt die zu Grunde liegenden Daten nun sogar über eine API zum automatisierten Download bereit.

In der BR-Datenanalyse zu Nitrat im Grundwasser in Bayern kam heraus, dass einige Messstellen konstant über den Grenzwerten liegen. Die Rohdaten lassen sich ebenfalls für jede Grafik als CSV herunterladen.

Schleswig-Holstein ist im Dezember positiv mit seinem OpenData Adventskalender aufgefallen, in dem jeden Tag einer neuer Datensatz veröffentlicht wurde. Dirk Schrödter, Minister und Chef der Staatskanzlei, stellte passend dazu in seinem Gast-Vortrag an FH Wedel auf einer Folie vor, warum die Verbesserung der OpenData-Infrastruktur, Kompetenzaufbau und die eigentliche OpenData-Nutzung ein sich selbstverstärkender Kreislauf ist.

Auch in Nordrhein-Westfalen hat man dies erkannt, so dass es nun von open.nrw einen Praxisleitfaden für die Datensouveränität im Kontext von Open Data: Für eine nachhaltige Beschaffung und umfassende Bereitstellung von Verwaltungsdaten mit Musterklauseln, Checklisten und konkreten Handlungsemfehlungen für Behörden, Kommunen, aber auch Unternehmen der Daseinsvorsorge gibt.

Acht Jahre lang hat die Geschäfts- und Koordinierungsstelle GovData einen erheblichen Beitrag zum Thema OpenData in Deutschland geleistet, in dem sie das GovData Portal aufgebaut, mit DCAT-AP.de einen anerkannten Austauschstandard für offene Verwaltungsdaten entwickelt und vor allem sich für die Vernetzung der verschiedenen Akteure und für die Öffnung neuer Datenquellen eingesetzt hat. Ende letzten Jahres wurde nun die Verantwortung für diese Aufgaben an die FITKO übergegeben.

In der Dezember-Ausgabe des Podcasts “Rund ums Parlament” des österreichischen Open-Government-Data-Portals data.gv.at, wird unter anderem erklärt, welche Daten man eben auf dieser Plattform finden kann und wie diese bereits genutzt werden.

Dennoch werden bei der Bereitstellung offener Daten immer noch die gleichen (Denk-)Fehler begangen. Solche Anti-Patterns werden bereits seit zwei Jahren kollaborativ im Github-Repository des Transportkollektivs gesammelt und stetig ergänzt, mit dem Ziel, dass man sie zukünftig vermeiden lernt.

Auch aus den in den letzten Jahren gescheiterte Civic-Tech-Projekten könnte man inzwischen einen ganzen Katalog von Anti-Patterns ableiten. Das dachten sich auch die Veranstalter der Conference of Human-Computer Interaction (CHI) und organisieren einen Workshop, um gemeinsam aus den Erfahrungen zu lernen. Dieser wird am 28. April in Hamburg stattfinden, noch bis zum 23. Feburar kann man Beiträge einreichen

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