Innovation Delusion – Out in the Open Februar 2023

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03.03.2023 von Klara Juhl (Code for Osnabrück), Jörg Reichert (Code for Leipzig), et al.

Im Januar-Blog berichteten wir von der EU-Durchführungsverordnung zur Herausgabe hochwertiger Datensätze. Die EU-Kommission hat bestimmt, welche Datensätze als hochwertig gelten und daher kostenlos bzw. offen lizenziert veröffentlicht werden müssen. Ein Blogbeitrag von GovData listet die betreffenden Datensätze übersichtlich auf. In einem Übergangszeitraum, der bis zum 9. Juni 2024 andauert, dürfen wir uns (hoffentlich) auf offene Daten freuen!

Übrigens, das Portal GovData feierte jüngst sein 10-jähriges Bestehen und blickt auf viel Erreichtes zurück.

Im wissenschaftlichen Umfeld entwickelt sich bereits ein Mehr an “Open”: Unter dem Begriff Open Science öffnen sich Universitäten und ermöglichen die Nutzung wissenschaftlicher Ressourcen unter einer freien Lizenz (Open Access). Unüblich ist bislang der offene Umgang mit technischem Wissen, sog. Open Hardware. Der freie Wissenstransfer würde allen Interessierten die Möglichkeit eröffnen, die Patente selbstständig zu studieren und bei Bedarf zu verändern. Um die vorhandenen Potenziale zu fördern, stellt Maximilian Voigt (OFK) sechs Maßnahmen vor.

Ein bisschen Open Science gibt es auch in Bayern: Das Corona-Abwassermonitoring ist ab jetzt frei über ein eigenes Dashboard zugänglich. Die Daten umfassen nicht nur die Viruslast im Abwasser, sondern zeigen auch die Vorkommnisse der verschiedenen Virusvarianten. Die Karte wird derzeit einmal wöchentlich aktualisiert, was zu leichten Verzögerungen gegenüber der Realität führt.

Apropos (Ab-)Wasser: Bereits im November schrieben wir von den Bemühungen des CORRECTIV-Teams, ein Verzeichnis der größten Wassernutzer in Deutschland zu erstellen. Damals weigerte sich das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt, entsprechende Daten herauszugeben. CORRECTIV klagte vor Gericht - und das Amt lenkte ein, bevor zu einem Urteil kommen konnte. Damit konnte die Redaktion nun auch in Sachsen-Anhalt die zehn größten “Wasserschlucker” identifizieren.

Zahlreiche Open Source-Projekte entstehen in ehrenamtlicher und unbezahlter Arbeit. In München soll daher ein bisher einmaliges Projekt starten: Auf Initative des SPD-Politikers Lars Mentrup wird es die Möglichkeit eines Open Source Sabbaticals geben. Entwickler:innen können für einen begrenzten Zeitraum in Vollzeit an eigenen Open Source-Projekten arbeiten. Einen Verdienstausfall haben sie dabei nicht zu befürchten: Die Kosten werden von der Stadt München übernommen.

In Magdeburg wird’s transparenter: Der Stadtrat stimmt für die Veröffentlichung von Haushaltsdaten in maschinenlesbarer Form. Die 17 Gegenstimmen (von insgesamt 48 Stimmabgaben) verpassen der Freude einen kleinen Dämpfer. Zu hoffen bleibt, dass der Anspruch “maschinenlesbar” nicht in Form von PDF-Dateien umgesetzt wird. Als solche stehen nämlich die Daten der Verkehrszählungen in Magdeburg zur Verfügung. Das dort ansässige Lab hat deshalb ein Tool zur Konvertierung in JSON und CSV entwickelt und veröffentlicht.

Aus der Vogelperspektive: Neues aus der Welt der Geodaten

Altbau-Wohnungen haben einen ganz besonderen Charme, tragen allerdings nicht unbedingt zum Energiesparen bei. Über den Altbau-Anteil eines Stadtviertels kann man sich jedoch vorher informieren: Mit Daten aus dem Zensus 2011 lassen sich Stadtpläne entsprechend einfärben und die Altbau-Verteilung in Zellen visualisieren. Ein Tutorial zum Erstellen der dazugehörigen Karte gibt’s auf GitHub. Der Twitter-Thread von Michael Neutze zeigt bereits einige Auszüge aus Großstädten.

Das Portal basemap.de stellt eine Sammlung an kartographischen Produkten bereit, die vielseitig und kostenfrei verwendet werden können. Nun kommt Machine Learning ins Spiel: Die Entwickler:innen vom LGLN arbeiten derzeit an einer KI für die Luftbildauswertung. Diese erkennt beispielsweise Gebäude(-umrisse) und kann so helfen, den Datenbestand aktuell zu halten.

Auch der Deutschlandatlas bietet eine Vielzahl an Karten an, die Aufschluss über die hiesigen Lebensverhältnisse geben. Dazu gibt’s zudem eine API, über welche aktuelle und historische Daten im JSON-Format abgefragt werden können. Die bislang fehlende Dokumentation zur Schnittstelle steht ab jetzt auf GitHub zur Verfügung.

Digitale LIDAR Geländemodelle als OpenData gibt es nun auch (zum Teil) für Deutschland. Wie im Thread nachzulesen haben allerdings noch nicht alle Bundesländer ihre Daten freigegeben, so dass für diese noch auf alternative Quelle zurückgegriffen werden muss.

Wie sich die OpenData-Community gegenseitig befruchtet, zeigt der folgende Fall: Nachdem geoobserver in seinem Blogbeitrag demonstriert hat, wie sich eine Heatmap-Visualisierung der Unfallschwerpunkte für Halle auf Basis der offenen Daten des Unfallatlas mit QGIS bauen lässt, hat Ivo Partschefeld darauf hin ein Tutorial-Video aufgenommen, das Schritt für Schritt die Umsetzung für Chemnitz zeigt.

Befreite Gesetze, aber zu welchem Preis?!

Seit Anfang des Jahres gibt es mit recht.bund.de nun endlich eine offizielle Webseite, auf der beschlossene Gesetze und Verordnungen digital verkündet werden können. FragDenStaat erinnert in einem Twitter-Thread an die Hintergründe, warum die Gesetze lange Zeit nicht frei verfügbar waren und sie deshalb vor 5 Jahren selbst ehrenamtlich das Portal offenegesetze.de programmierten, um diese durchsuchbar zu machen. Auf netzpolitik wird allerdings zu Recht gefragt, warum die Kosten der nun offiziellen Lösung über einer Million Euro liegen, die zudem auch noch steigen werden. Dabei fehlen sogar einige Funktionen, die offenegesetze.de dem Nutzer bietet bzw. bot, da ab 1.1. keinen Aufwand mehr in die weitere Aktualisierung gesteckt und stattdessen nun auf die Bundes-Seite verwiesen wird.

Damit solche Fälle, wie eben mit dem DuMont-Verlag bei den Gesetzestexten, nicht wieder auftreten, ist es höchste Zeit den §5 des Urheberrechtsgesetzes zu modernisieren. Das finden jedenfalls die Autoren des Wikimedia-Artikels, da aus ihrer Sicht wegen dieses Paragrafen immer noch öffentlich finanzierte, behördliche Informationen nicht grundsätzlich als OpenData bereitgestellt werden.

Kampf um die Informationsfreiheit

Generell muss das Recht auf Informationsfreiheit ständig neu erkämpft und verteidigt werden, da es immer wieder (zum Teil leider auch erfolgreiche) Versuche gibt, entsprechende Regelungen zu verhindern oder gar bestehende wieder zurückzudrehen. So geschehen im Landkreises Darmstadt-Dieburg, in dem der Kreistag mit den Stimmen von SPD, CDU und AfD seine Satzung zur Informationsfreiheit aufgehoben hat. Sie war erst 2019 eingeführt worden. Und in Dresden wurde der Antrag auf eine Transparenzsatzung mit teils obskuren Begründungen abgelehnt.

Vielleicht fürchtet man einfach auch nur die Macht der offenen Daten, versteckte Interessungsverflechtungen aufzudecken. So lassen sich nun Millionen offener Datensätze mit dem Werkzeug OpenScreening in der Art analysieren, dass verborgene Beziehungen zwischen Personen aus der Wirtschaft, aus der Politik, Sanktionszielen und Unternehmensnetzwerken als Graphen visualisiert werden können.

Verbraucherpreis-Index

Anlässlich der aktuell über 20% gestiegenen Preise für Nahrungsmittel als auch Energie, soll hier auf das Preis-Kaleidoskop des Statistischen Bundesamtes hingewiesen sein. So kann man nachvollziehen, mit welchen Gewichtem die verschiedenen Güterklassen in den Verbraucherpreisindex einfließen. Mit dem Persönlicher Inflationsrechner kann man sich das auch für das eigene Konsumverhalten aufschlüsseln lassen. Über die Webservice-Schnittstelle (API) der Datenbank des Statistischen Bundesamtes kommt man an die zu Grunde liegenden maschinenlesbaren OpenData.

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