Intentionally left blank – Out in the Open Juli 2023

04.08.2023 von Klara Juhl (Code for Osnabrück), Jörg Reichert (Code for Leipzig) et al.

Das Urheberrecht erfüllt eine wichtige Aufgabe – es schützt geistiges Eigentum. Doch wie steht es um Werke, die von öffentlichen Stellen angefertigt und finanziert werden? Diese enthalten oft Inhalte, die dem Gemeinwohl nützen würden. Dennoch bleiben sie weitestgehend unter Verschluss. Denn von außen ist häufig nicht eindeutig erkennbar, ob ein amtliches Werk dem Urheberrecht unterliegt oder nicht. Stefan Kaufmann fordert in seiner Kolumne auf netzpolitik.org: Das Urheberrecht muss geändert werden! Die Kolumn zieht u. a. Vergleiche mit den USA, in denen Werke der Bundesbehörden nicht dem Urheberrecht unterliegen. In diesem Zusammenhang interessant: Ein Bericht über den Correctiv-Datenjournalisten Max Donheiser, der von New York nach Deutschland gezogen ist. Dieser stellt im Vergleich fest, dass sich die Datenrecherche hierzulande oftmals schwierig gestaltet: “Hier in Deutschland gibt es viele Regeln, aber wenig Daten”.

Transparenz

Doch dass sich der Staat mit Reformen und neuen Gesetzen schwer tut, zeigt sich dieser Tage einmal mehr: Die Umsetzung eines Bundestransparenzgesetzes schiebt die Regierung vorerst auf die lange Bank. Die Eckpunkte für das Gesetz hätten eigentlich schon Ende letzten Jahres stehen sollen. Ingo Dachwitz sieht darin ein großes Problem: Der Zeitverzug sorgt für eine Überschneidung mit dem Ende der aktuellen Legislaturperiode. Dieser Umstand verspricht nichts Gutes – denn mitten im Wahlkampf sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass ein so wichtiges wie umstrittenes Gesetz verabschiedet wird.

Dabei täte mehr Transparenz der Bundesregierung und den Ministerien bekanntlich gut. Der Status quo gibt ein düsteres Bild ab: Möchte man wissen, wer in welchen Ministerien die wichtigsten digitalpolitischen Positionen innehat, darf man nicht auf schnelle Antworten hoffen. Dénes Jäger zeichnet in einem Gastbeitrag auf netzpolitik.org die mühevolle Suche nach den Verantwortlichkeiten in der Digitalpolitik nach.

Die Stadt Fürth wollte vor Kurzem gar einen Rückschritt in Sachen Transparenz machen: So plante sie, die in 2012 in Kraft getretene Informationsfreiheitssatzung abzuschaffen. Der Anwendungsbereich der Satzung entfalte “kaum noch praktische Relevanz”. Zu der Beschlussvorlage gab es mehrere Eingaben - woraufhin der Antrag zunächst vertagt und später glücklicherweise zurückgezogen wurde.

Besser macht es Sachsen. Dort gilt seit Januar 2023 das Sächsischen Transparenzgesetz und Aiko Kempen weist auf zwei aus seiner Sicht bemerkenswerte Details hin:

  • Jede transparenzpflichtige Stelle muss auf ihrer Startseite auf das Gesetz und ihre Transparenzpflicht hinweisen.
  • “Die Behörde, bei der man den Transparenzantrag stellt, ist verpflichtet bei der Antragstellung zu unterstützen. Das heißt, sie muss dazu beitragen, die Anfrage so konkret zu stellen, dass man die Dokumente bekommt, die man möchte.”

OpenData

Eine gute Nachricht kommt aus Baden-Württemberg. Dort ist vor Kurzem das neue Open Data-Portal daten.bw ans Netz gegangen. Rund 900 Datensätze aus verschiedenen Bereichen standen zum Startschuss der Plattform zur Verfügung. Wie schnell der Bestand wächst, hängt nun natürlich auch von den potenziellen Datenlieferanten und der Bewerbung des Portals ab. <Ironie>Dennoch beachtlich, dass das Portal im Sauseschritt nur 11 Jahre nach dem ersten Prototypen nun fertig ist (im Gegensatz zu Stuttgart 21).</Ironie>

Generell kommen Behörden nicht mehr drum herum, sich mit dem Thema OpenData zu beschäftigen, ein Fazit, das Steffen Voß aus dem Vortrag von Jesper Zedlitz (Staatskanzlei Schleswig-Holstein) zieht.

Auf die Frage von Datenschatz, ob es eine “komplette Liste der Open Data Portale auf Bundeslandebene” gebe, verweist Thomas Tursics auf die entsprechende Übersichtseite beim GovData Monitor.

Wer sich für die Arbeit mit offenen Daten im öffentlichen Sektor interessiert, kann sich in Österreich an einem neuen Leitfaden orientieren: Das Portal data.gov.at hat ein neues Handbuch veröffentlicht, welches Grundlagenwissen vermittelt und über rechtliche Verpflichtungen informiert.

Ebenfalls aus Österreich: Das KDZ Zentrum für Verwaltungsforschung informierte, dass 2023 sich 64 weitere Städte und Gemeinden dazu entschlossen ihre Gemeindefinanzen als OpenData offenerhaushalt.at zu veröffentlichen.

Nicht immer sind offene Daten auch “gute” Daten – allzu häufig müssen Nutzende die Daten bereinigen und aufbereiten, bevor diese sinnvoll weiter verwendet werden können. Das kostet Zeit und Nerven. Eine automatisierte Datenverarbeitung? Im schlimmsten Fall undenkbar. Scott Ambler fragt in seinem Blogbeitrag (englischsprachig): Warum packt man das Problem nicht bei der Wurzel und strebt eine höhere Qualität der Ursprungsdaten an?

Aber nicht nur die Datenqualität als solche, auch die Repräsentanz in den Daten ist ein Problem. Mit dem “Gender Data Gap” beschäftigt sich dieser Blogbeitrag der Open Data Informationsstelle (ODIS) Berlin.

Mobilität

Die Mobilithek des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr klingt vielversprechend: Sie stelle eine “Plattform bereit, welche den Zugang zu offenen Mobilitätsdaten bietet (…)” – so der Wortlaut auf der Startseite des Portals. Doch für den Abruf sog. gebrokerter Angebote ist eine Registrierung und Freigabe erforderlich. Hat man Interesse an mehreren Datensätzen, ist ein Abonnementantrag für jedes einzelne Angebot nötig. Neben diesem sperrigen Zugang fehlt es stellenweise massiv an Daten: So veröffentlichen gerade einmal 192 Taxiunternehmen statistische Daten in der Mobilithek.

Die Mobilithek folgt damit leider sehr vielen, der vom Transportkollektiv zusammengetragenen, OpenData Anti-Patterns. Auch das erst vor kurzem eingetragene Schlechtbeispiel “Potemkinscher Datensatz” bezieht auf einen Eintrag in diesem Portal. So wurde der Metadatensatz der Frankfurter Parkdaten dort hinterlegt, auf Nachfrage, wo die eigentlichen Daten sind, kam am 11.7. per Mail die Antwort, dass die Parkdaten immer noch nicht veröffentlicht werden.

Auf Basis des Amts für Statistik Berlin-Brandenburg hat der Tagesspiegel eine Autokarte für Berlin veröffentlicht. Die dazugehörige Datenanalyse schlüsselt nicht nur die absolute Anzahl der Autos pro Kiez auf, sondern betrachtet zusätzlich andere Werte: Etwa die Anzahl der Autos pro Person und Fläche oder auch die Veränderung der Zahlen. Eine tiefergehende Analyse beschäftigt sich mit dem Zusammenhang zwischen der Autozahl und anderen Faktoren. Einbezogen werden beispielsweise Wahlergebnisse, Arbeitslosenquoten und Einzeleigentümerquoten.

In diesem Zusammenhang interessant: Das Statistische Bundesamt hat den Unfallatlas mit den 2022-Daten aktualisiert. Die Mitfahrzentrale hat diese darauf hin ihren Datensatz, der die Unfalldaten seit 2016 zum Zweck vergleichender Analysen zusammenführt, auf ihrer Seite ebenfalls integriert.

Der Anteil der Verkehrsfläche ist auch eine Frage der Flächengerechtigkeit: Eine eher spielerische Datenanalyse gibt’s nun von der ODIS Berlin: Mit den Kiezcolors lässt sich auf der Berliner Stadtkarte ein Ausschnitt für die Flächenanalyse auswählen und anschließend in eine bunte Postkarte verwandeln.

Klima

Waldbrände, Hitzerekorde und andere Extremwetter machen den Klimawandel auch in Deutschland immer spürbarer. Durch die Schlagzeilen der letzten Jahre hindurch verlieren viele Bürger:innen den Überblick: Wie “normal” ist das Wetter vor meiner Haustür eigentlich noch? Auf Basis von offenen Daten des Deutschen Wetterdienstes hat die Berliner Morgenpost eine interaktive Webanwendung veröffentlicht, mit welcher die Wetterveränderungen anhand einer nahegelegenen Station überprüft werden können.

In eine ähnliche Richtung geht der SZ-Artikel “Zeit für Rekorde”, der auf den Daten und Visualisierungen von Climate Reanalyzer basiert.

Im NASA Earthdata Cloud Cookbook gibt es Anleitungen in Form von Präsentationen und Cheatsheets aber auch interaktive Jupyter Notebooks, wie man am besten mit den Erdbeobachtungsdaten der NASA in der Cloud arbeiten kann.

Der offene Zugang zu wissenschaftlichen Artikeln ist ein wichtiger Beitrag zur Aufklärung, nicht nur zum Thema Klimawandel. Daher ist der folgende Beitrag sehr erfreulich: In seinem Standpunkt “Wissenschaftsverlage haben endlich ausgedient” macht Björn Brembs auf Beschlüsse des EU-Rats aufmerksam, der verlangt, “dass Kommission und Mitgliedstaaten den Aufbau einer digitalen Informations-Infrastruktur fördern sollen”. “Diese soll interoperabel und gemeinnützig sein, auf Open-Source-Software basieren und offene Standards nutzen”, also eine Verpflichtung zum sogenannten “Diamond Open Access”-Modell.

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