Tobias Hößl hat sich über das Ratsinformationssystem der Stadtverwaltung geärgert. Daraufhin baute er seine eigene Website, die viele wichtige Funktionen liefert. Inzwischen ist das Projekt eine Transparenz-Plattform für ganz München geworden. Die Nutzer sind begeistert.
Das Problem
Tobias Hößl interessiert sich für Themen in der Kommunalpolitik, die oft nicht in der Presse diskutiert werden. Open Source Programme für die Stadtverwaltung zum Beispiel. Die Anträge dazu kann man sich aber im Internet ansehen, denn die Stadt München stellt bestimmte Verwaltungsdokumente öffentlich zur Verfügung. Das geschieht durch ein Ratsinformationssystem (RIS).
Das RIS von München ist seit zwölf Jahren online. Dort kann man Beschlüsse, Anfragen und Sitzungsvorlagen vom Stadtrat direkt ansehen. Doch was 2003 gut gemeint war, ist heute wenig hilfreich: die Volltextsuche erfasst keine eingescannten Dokumente, man kann den Prozess um einen Antrag nicht wirklich verfolgen, und allgemein ist das Portal sehr unübersichtlich. Daher musste Tobias monatelang eine Linkliste in Textform pflegen. „Und das ist eben die Situation, wo sich dann schon so etwas wie der ‘innere Nerd’ in mir rührt und ‘das kann ich besser!’ ruft.“
Die Idee
Am Anfang wollte Tobias nur einen kleinen RSS-Feed für den Eigenbedarf – das ist ein Dienst, der einen über bestimmte Änderungen auf einer Website benachrichtigt. “Das war dann doch komplizierter als gedacht, und nachdem schon eine ganze Menge an Arbeit reingeflossen ist, dachte ich, das ganze doch gleich auch als etwas Öffentliches aufzuziehen, von dem auch andere etwas haben.” So entstand nach und nach eine komplette Website, die nicht nur funktional ist, sondern auch gut ausschaut. Bei Code for München gab es viel Unterstützung von Mitstreitern, und natürlich auch Druck, das Projekt tatsächlich irgendwann zu veröffentlichen.
Das Ergebnis ist beeindruckend. Ihre Website lädt die Datensätze vom RIS täglich herunter und präsentiert sie so, dass man gut damit arbeiten kann. Die neue Seite bietet einen Überblick von aktuellen und vergangenen Terminen und eine Liste aller KommunalpolitikerInnen mit ihren entsprechenden Social Media Links. Die Volltextsuche kann nun auch eingescannte Dokumente lesen. Was das System einzigartig macht: man kann sich durch E-Mail-Benachrichtigung über neue Anträge und Anfragen informieren, und auch darüber, ob Anfragen beantwortet wurden bzw. wann es zu einem konkreten Antrag eine Entscheidungsvorlage gibt. Die Unterlagen werden zudem auf einer Karte abgebildet – so weiß man sofort, was gerade im Kiez beschlossen wird.
Eine Überraschung
Jahrelang hat Tobias versucht, das Projekt mit der Stadtverwaltung abzusprechen. Das war ein zäher Prozess und hat der Motivation viel geschadet. Doch dann hat Tobias aufgehört, auf die Stadtverwaltung zu warten: „Das hätte ich vermutlich gleich von Anfang an machen sollen.“
Doch dann kam eine Überraschung: neue Gesichter aus der Stadtverwaltung besuchten eines Tages das OK Lab München So ging die Zusammenarbeit doch noch voran. Dass MitarbeiterInnen sich für Open Data und Programmieren interessieren, sei aber eher ein glücklicher Zufall, meint Tobias.
Ich denke, das alleine ist schon etwas wert, dass solche öffentliche Diskussionen mit besserer Informationslage geführt werden können.
Die Einsicht
Das Projekt trägt direkt zu mehr Transparenz in der Kommunalpolitik bei. „Transparenz ist ja die Voraussetzung für effektive Bürgerbeteiligung,“ sagt Tobias. München Transparent wird oft als Quelle verlinkt, gerade in Blogs und Foren, bei denen Sachthemen diskutiert werden – etwa zu Fahrradwegen und zum Erhalt denkmalschutzwürdiger Altbauten. „Ich denke, das alleine ist schon etwas wert, dass solche öffentliche Diskussionen mit besserer Informationslage geführt werden können.“
Für die Zukunft erhoffen sich Tobias und seine MitstreiterInnen einen neuen Standard für die deutschlandweiten RIS. Da wäre unter anderem das Projekt OParl, das nun bald eine erste Version herausgeben wird.